Galja Metelichenko

Galja Metelichenko wurde in Moskau geboren und lebt heute in St. Petersburg. 1986 schloss sie ihre Ausbildung zur Grafikerin am Staatlichen Moskauer Polygraphischen Institut ab.
Seit 1983 arbeitet Galja Metelitschenko als bildende Künstlerin, Grafikdesignerin, Multimedia-Künstlerin, Szenografin, Kunsttherapeutin und Ausstellungskuratorin.

Von 1992 - 2002 arbeitete sie am internationalen Atelier-Theater (Synthese und Animation INTERSTUDIO). Sie schuf Bühnenbild und Kostüme für die Produktion «Don Juan» (M. Khussid, J. Sobolev), die am Internationalen Theaterfestival Lugano mit dem Grand Prix ausgezeichnet wurde. Sie unterrichtete «Innovative Kunstformen» am Modul «Formen des Para-Theaters» (Theaterschule von Juri Sobolev). Im Jahr 2000 erhielt sie das Stipendium des Landes Schleswig-Holstein (Schloss Salzau). Sie leitete ein Kunstseminar an der Muthesius-Schule der Stadt Kiel. Seit 2004 ist sie Dozentin für Grafik-Design an der Internationalen Design-Schule St. Petersburg. Seit 2006 unterrichtet sie «Bildende Kunst und Strategien des Postmodernismus» für Kunsttherapeuten am Institut für Angewandte Psychologie IMATON, St. Petersburg. Sie war auch im Ausland tätig: 2011 erteilte sie Meisterkurse (zusammen mit Igor Gurovich und Erik Belousov) an der Hochschule Luzern – Design und Kunst. 2016 kuratierte sie zusammen mit Monica Gold die  Ausstellung «Die schönsten Schweizer Bücher», Galerie Bulhtaup, St. Petersburg.  Sie kuratierte ausserdem retrospektive Ausstellungen des Künstlers Yuri Sobolev in Moskau (MOMMA, 2014),
London (Pushkin House, 2016) und Nischni Nowgorod (Arsenal, 2018).

 

Ausstellung Metelichenko

Aufenthalt

31.10. - 22.12.2022

WIEGENLIED Erstes Kapitel: Spuren und Schatten

Ausstellung mit Apéro: Samstag, 10. Dezember 2022, 15-18 Uhr

Galja Metelichenko wurde in Moskau geboren und lebt heute in St. Petersburg. Sie bildete sich am Moskauer Polygraphischen Institut zu Grafikerin aus. Seit 1983 arbeitet Galja Metelichenko als bildende Künstlerin, Grafikdesignerin, Multimedia-Künstlerin, Szenografin, Kunsttherapeutin und Ausstellungskuratorin. Mehrmals auch in Verbindung mit der Schweiz: Von 1990-1998 stellte sie zusammen mit ihrem Ehemann, dem Künstler Yuri Sobolev, in Galerien in Zürich aus. 1992 schuf sie Bühnenbild und Kostüme für die Produktion «Don Juan», die am Internationalen Theaterfestival Lugano mit dem Grand Prix ausgezeichnet wurde. Seit 2009 organisierte sie gemeinsam mit ihrer Schweizer Kollegin Dozentin Monika Gold, die an der Hochschule Luzern unterrichtet, Austauschprogramme zwischen russischen und schweizerischen Graphic Design-Studenten. 2016 und 2017 kuratierte sie zusammen mit Monica Gold die Ausstellung «Die schönsten Schweizer Bücher» in St. Petersburg.

Eigentlich wollte Galja Metelichenko in schwarz-weiss arbeiten, doch sie war so fasziniert und berückt vom Licht des Malcantone, dass sie Kurkuma mit Öl mischte und so gelbe Bilder malte, die diesem speziellen Licht gewidmet sind. Auf vielen Spaziergängen sammelte sie Blätter und schuf Monotypien mit einer selbst entwickelten Technik. So entstanden mysteriöse Strukturen, wie diejenige der Einladungskarte. Mikrokosmos oder Makrokosmos? Schwarz auf weiss oder schwarz auf schwarz scheinen die Figuren in ihrer eigenen Welt zu schweben.

Die zentrale Videoinstallation zeigt Filmstills mit drei Frauen: einer alten Frau, einer jungen Frau und einem Kind. Vergrösserte Gesichter, Hände, Augen, gehen ineinander über, die alte Haut wird wieder zur jungen Haut und umgekehrt. Die Sicht ist verschwommen, vielleicht wie diejenige eines Babys, das noch nicht fokussieren kann – oder vielleicht wie diejenige eines sterbenden Menschen? Anfang und Ende kommen zusammen, verbinden sich.

Die Künstlerin selbst stellt ihre Installation mit folgenden Worten vor:

«Im Mittelpunkt der Ausstellung steht ein Video-Triptychon – drei Kurzgeschichten, die durch das Thema des Abschieds miteinander verbunden sind. Der Spätherbst verleitet dazu, über die Vergangenheit nachzudenken, Bilanz zu ziehen...
Die erste Geschichte ist dem Andenken meiner Mutter gewidmet, die vor zwei Jahren diese Welt verlassen hat.  Kürzlich fand ich Fotos, die ich vor ein paar Jahren aufgenommen hatte. Darunter eine Aufnahme, auf der die Gestalt meiner Mutter im Wald verschwindet.  Diese Aufnahme wurde zum Mittelpunkt meines Mini-Videos.

Der zweite Teil heisst «Wiegenlied». Das Video besteht aus Einzelaufnahmen – Standbildern von drei Generationen von Frauen aus derselben Familie: Mutter, Tochter, Enkelin. Fragmente von Gesichtern und Händen tauchen aus einem weissen, «milchigen» Raum auf (kleine Kinder trinken oft Milch vor dem Einschlafen) und lösen sich sofort wieder auf. Es ist ein Traum oder der Tod, der auch ein Traum ist. Die Musik, anfangs ein gut erkennbares volkstümliches Wiegenlied, verwandelt sich in einzelne, verschwindende Klänge. Für mich ist es ein Bild für das Verschwinden einer Sprache, eine Art Post-Sprache, der Zerfall einer vormals ganzen kulturellen Tradition.

Dieselben Bilder gehen in die Installation ein, die neben den Fotografien eine weitere Komponente enthält: Auszüge aus einem in russischer Sprache verfassten Text, einer Studie über die Poetik Dantes. Die Schriftart, in der der Text auf dem Computer geschrieben ist, unterstützt das kyrillische Alphabet nicht, so dass hier nur Zitate in Italienisch und Deutsch zu sehen sind, aber kein Russisch. Mit dieser Installation wollte ich den Ausschluss der russischen Sprache aus dem Raum der europäischen Kultur zeigen.

Der dritte Teil des Video-Triptychons heisst «Spuren und Schatten». Hier in Bedigliora verfolgte ich das Leben der Schatten, alle Fotos habe ich hier gemacht. Wunderbares, jubelndes Sonnenlicht erzeugt kontrastreiche Schatten, die auf jeder Oberfläche zu schönen Grafiken werden. Das Flattern der Blätter an der Wand und auf dem Boden möchte man verlängern und festhalten. Es ist eine einzigartige Kontemplation oder Meditation, die endlosen Bewegungen der Schatten zu beobachten.

Eine Serie von Monotypien auf Papier, Blattdrucke, sind eine grafische Fortsetzung des Themas Schatten.

Hier in Bedigliora gerät man in einen besonderen Zustand: man erkennt das Ende der Vergangenheit und verabschiedet sie, und beginnt, vielleicht, einen neuen Lebensabschnitt.»

 

Ruth Gantert und Galja Metelichenko