Eva-Maria Lopez

Eva-Maria Lopez erwarb ein Diplom in Agrarwissenschaft in Kassel und bildete sich dann zur Künstlerin aus. Nach einem Erasmus-Jahr an der Faculdade de Belas Artes in Lissabon (Portugal) diplomierte sie im Jahr 2000 an der Akademie für Bildende Künste in Karlsruhe, wo sie danach Meisterschülerin wurde. Sie unterrichtete von 2006 bis 2007 am College für Urban Management in Shanghai, China. Von 2011-2012 unterrichtete sie Künstlerische Fotografie an der Hochschule für Gestaltung Pforzheim und seit 2012 hat sie einen Lehrauftrag für Grafik an der Akademie für Bildende Künste Karlsruhe. Sie erhielt verschiedene Stipendien und ist mit ihrem Werk in Sammlungen vertreten. Eva-Maria Lopez lebt in Karlsruhe und Paris.

Ausstellung Eva-Mara Lopez

Aufenthalt

13.07. - 30.09.2019

field notes

Monte Verita, Eva-Maria Lopez, Ascona, 2019

Ausstellung: 28.9.2019, 15-18 Uhr

Eva-Maria Lopez, field notes

Eva-Maria Lopez lernte zuerst Gärtnerin, erwarb dann ein Diplom in Agrarwissenschaft in Kassel und bildete sich anschliessend zur Künstlerin aus. Sie verbrachte ein Studienjahr in Lissabon und diplomierte an der Akademie für Bildende Künste in Karlsruhe, wo sie danach Meisterschülerin wurde. Sie unterrichtete am College for Urban Management in Shanghai und lehrte Künstlerische Fotografie an der Hochschule für Gestaltung Pforzheim. Seit 2012 hat sie einen Lehrauftrag für Grafik an der Akademie für Bildende Künste Karlsruhe. Sie erhielt verschiedene Stipendien und Auszeichnungen und ist mit ihrem Werk in Sammlungen vertreten. Eva-Maria Lopez lebt in Karlsruhe und Paris.

Die Faszination für Pflanzen zieht sich durch den Werdegang und das Werk der Künstlerin – sie ist auch hier nicht zu übersehen. In Aquarellen und Zeichnungen beschäftigt sie sich mit den hiesigen Gewächsen. Sie sucht und sammelt Blätter und Blüten auf Ausflügen, Wanderungen und E-Bike-Touren nach Ponte Tresa, Luino oder auf die Isola Madre im Lago Maggiore. Erstmals probiert sie eine Technik der Stoffdruckerei aus: Sie beizt den Seiden- oder Baumwollstoff, bevor sie die Blätter darauflegt. Dann wickelt sie den belegten Stoff ein, verschnürt das Ganze und dämpft es. Nach dem Trocknen erfolgt dann beim Auswickeln die Überraschung: Wie haben sich die verschiedenen Formen und Farben auf dem Stoff eingeprägt? Durch den Mittelfalz entsteht eine Symmetrie, aber nur als Gesamteindruck: im Einzelnen zeigen sich doch viele Unterschiede von einer Seite zur anderen. Manche Blätter sind rechts von vorn, links von hinten zu sehen, ausserdem sind die Konturen bald scharf, bald verschwommen, ist der Farbton bald stärker, bald schwächer. Planen lässt sich da wenig – die Künstlerin muss bereit sein, Kontrolle abzugeben, sich auf Unvorhergesehenes einzulassen.

Die Pflanzenformen nehmen manchmal tierische Züge an: Ein umgeknicktes Eukalyptusblatt erinnert an einen Vogel, eine ovale Gesamtform an den Panzer eines Käfers. Man denkt an Girlanden der Antike und der Renaissance, an bekränzte Statuen – nur, dass die Büste oder das geschmückte Bild hier leer ist, eine Projektionsfläche im Zentrum. Wenn die Künstlerin nicht in einem zweiten Schritt Formen und Farben einfügt, bleibt die Leerstelle mit der eigenen Fantasie zu füllen. 

Seidendrucke mit Blattmotiven könnten lieblich oder rein dekorativ sein – dieser Gefahr entgehen aber die grossen Stoffe, mit ihrem rötlich-goldenen Grundton, mit ihrer kraftvollen Dynamik, mit dem anarchischen Schwung der Farbflecken, der Spritzer und sogar mit Spuren der Schnüre, welche die Stoffrolle zusammenhielten. Von der kultivierten japanischen Tuschmalerei entwickelt sich etwas in Richtung Wildheit und Spontaneität – vielleicht Action Printing?

Diese Spannung zwischen präziser Komposition und Zufall findet sich auch in den Fotografien wieder: Eva-Maria Lopez erwischt Momente der Spiegelung, die zum verwirrlichen Trompe-l’œil werden: Was ist Natur, und was Kultur? Wo ist das Fenster, und wo ist der Fels? Das Bild mit dem vom Fels überlagerten Fenster erhält noch eine zusätzliche Dimension dadurch, dass sich im Fels menschliche Formen abzeichnen: Das Gesicht und der Arm eines Riesen schreibt den Menschen nochmals anders in die Landschaft ein. Wie geht der Mensch mit der Natur um, wie gestaltet er sie? In welcher Form lädt er die Natur in den eigenen Raum ein? Erträgt er sie nur gezähmt, als perfekt getrimmten Rasen im Klosterkreuzgang, als Kunstrasenteppich auf den Fliesen, als Geranienstock am Fenster?

Eva-Maria Lopez manipuliert die Bilder nicht nachträglich, sondern zeigt sie so, wie sie entstanden sind, mit dem Blick an oder durch eine Scheibe, auf einen Bildschirm oder ein transparentes Zeitungsblatt, bei dem sich Vorder- und Rückseite übereinander schieben. Wie das Fotomodell, das auf einem Bild durch die gespreizten Finger schaut, sehen wir mit der Künstlerin ein Zusammenprallen verschiedener Welten – und erhalten dabei einen speziellen, sowohl politischen wie ästhetischen Durchblick.

 

Ruth Gantert, 28.9.2019