Martina Kalchofner

Martina Kalchofner wurde 1957 in Lachen geboren und ist in Schwyz aufgewachsen. Von 1984 bis 1986 besuchte sie die Grafisk Skole in Aarhus, Dänemark, von 1987 bis 1990 die Schule für Gestaltung (HGK) Basel, wo sie die Fachklasse für Originaldruckgraphik absolvierte. Von 2004 bis 2008 erfolgte eine weitere Ausbildung an der Hochschule für Angewandte Psychologie in Zürich. 2007 verlegte sie Atelier und Wohnort von Basel nach Vitznau. Sie ist Mitglied der visarte Luzern.

Fotos der Ausstellung

Aufenthalt

01.01. - 31.03.2019

Appena arrivata

Samstag 30. März, 15 – 18 Uhr

Martina Kalchofner, «Appena arrivata»

Martina Kalchofner ist in Schwyz aufgewachsen. Sie besuchte die Grafisk Skole in Aarhus, Dänemark und danach die Schule für Gestaltung in Basel, wo sie die Fachklasse für Originaldruckgraphik abschloss. Später folgte eine Ausbildung am Institut für Angewandte Psychologie in Zürich. 2007 verlegte sie Atelier und Wohnort von Basel nach Vitznau. 

In der Casa Atelier fiel ihr sofort die alte Holztür der Küchennische auf. Sie legte ein Papier darüber und zeichnete mit hartem Bleistift die Maserung nach. Auf die kleine Zeichnung folgten grossformatige Frottagen. Dabei vermied sie die Astknoten, damit die Holzstruktur nicht sofort zu erkennen war. Je nach Grösse, Helligkeit, Präzision und Ausschnitt variieren die Assoziationen von Wasseroberfläche über Wüstenlandschaft bis zum Blick von weit oben auf die Erde. 

Auch für die grosse Scheibe mit der feinen Struktur verwendete sie die Technik des Abreibens, diesmal direkt auf der Wand, wo das Bild hängt. Der harte Bleistift verleiht ihm einen besonderen Glanz. Es lässt an den alten griechischen Diskus denken, könnte aber auch ein futuristisches Fundstück aus einem Ufo sein. Wie ist der Massstab, sind wir im Mikro- oder im Makrokosmos? Handelt es sich um eine in Vergrösserung betrachtete Gewebeprobe? Oder ist es vielmehr ein ferner Planet am Himmel?

Wichtig ist der Künstlerin, die Beschaffenheit des Papiers auszuloten. Sie malt mit sehr nasser Farbe und stellt mit dem Pinsel Ausbuchtungen im Papier her, oder sie lässt die Farbe von selbst herunterlaufen. Das Spiel mit Rinnsalen hält sie im fragilen Gleichgewicht mit grösseren Farbflächen.

Kraftvoll drängen sich rote Farbbahnen wie Tulpenstile oder Fäden von Luftballons aneinander. Hier benutzte die Künstlerin aus dem Kaminfeuer geholte Kohle, bevor die kelchartigen Formen und Farbbänder dazukamen.

Martina Kalchofners Arbeit erfordert Konzentration und Muskeln, denn das Bild entsteht im Moment, in der Bewegung. Vieles ist nicht vorhersehbar: Wie reagiert die Farbe auf das Papier, verläuft sie oder nicht, wie kräftig wird sie sichtbar, wie grenzen sich die Ränder ab, wie dick und wie stark wird der Kohlestrich? Die Malerin reagiert, greift auf, führt weiter und muss merken, wann etwas fertig ist. 

Bei den zauberhaften Rosa- und Grüntönen, präzisen Linien und wolkig hingehauchten Flächen denkt man an Fresko-Arbeiten der italienischen Maler: al fresco, frisch, spontan und doch dauerhaft. Auch wenn das Bild nicht figürlich ist, klingen die Stimmung des Malcantone, die Farben, die nebelumwölkten Hügel und klaren Grate an. 

Für die Bilder in Pink- und Rottönen mit den kreisrunden Tellern legte die Künstlerin das Blatt über die gelochte Filzunterlage, die sie auf dem Stuhl fand, und bearbeitete es mit Pinsel und Wasser, sodass es sich ausbuchtete. Man mag an Brüste denken, mit der feinen Äderung der Haut, aber es könnten auch schwimmende Inseln sein, Sterne, Augen.

Der Ausschnitt eines dieser Werke ist als Foto auf der Einladungskarte zu sehen, aber welcher ist es? Die Fotografie hält aus ihrer Perspektive ein ganz anderes Bild fest, als was unser Auge sieht. Dies zeigt auch die Serie der tanzenden Irrwische, die aus Lichtspiegelungen auf dem Wasser entstand. 

So zeugen Martina Kalchofners Arbeiten von Interesse für die Natur, aber auch für spezielle Gegenstände oder Effekte. Neugierig und behutsam, energisch und beharrlich, spontan und flexibel geht sie den Phänomenen, die sie faszinieren, auf den Grund. Mit Pinsel, Bleistift oder durch die Kameralinse rückt sie ihnen zu Leibe, verwandelt sie – überraschend und selbst überrascht. 

 

Ruth Gantert, Bedigliora, 30.3. 2019