Yvonne Huggenberger

Yvonne Huggenberger wurde in Zürich geboren. Sie absolvierte die künstlerische Ausbildung an der Schule für Gestaltung (Zürich). Seit 1990 arbeitet sie freischaffend in den Bereichen Malerei, Fotografie und Installation.

Fotos der Ausstellung (© Bruno & Eric Bührer)

Aufenthalt

01.01. - 31.03.2011

Nebel

Yvonne Huggenberger, il diario della foschia 2011

teilansicht 64-teilig, 129 x 129 x 4 cm

tusche/folex/spiegelglas auf dibond

dunst und nebel
dicht transparent verklärt
von milano richtung lago maggiore wabernd
von den hügeln aus den hügeln richtung italien verblassend
horizontale vertikale zustände
über wochen in täglichen tuschezeichnungen festgehalten

Y. H. 

 

Einführung zur Ausstellung

Yvonne Huggenberger lebt und arbeitet in Rüti, im Zürcher Oberland. Sie malt, meistens mit Oel und meistens in Weiss-Tönen.

Im Jahr 2000, beim Beginn des neuen Jahrhunderts, hielt sie Rückschau. Sie empfand das vergangene 20. Jahrhundert als voll von dramatischen Ereignissen, gefüllt  – auch im Persönlichen – mit vielen verschiedensten Begebenheiten.

In ihrer künstlerischen Arbeit wollte sie im neuen Jahrhundert ruhige, «einfache», reduzierte Arbeiten machen. Das interessierte sie. So hat sie Bilder mit sanften Weiss-Tönen gemalt, oft ins grau oder blau spielend und oft mit horizontalen und vertikalen Strukturen.

Hier in Bedigliora wollte Yvonne Huggenberger an etwas arbeiten, was mit dem Ort, mit dem Aufenthalt in der Casa Atelier zu tun hat. Am  Anfang ihres Atelierstipendiums im Januar hatte sie Glück mit dem Wetter. Oft konnte sie auf dem Balkon sein und  übers Tal schauen. Die Stimmungen gefielen ihr. Manchmal lag unten im Tal Nebel, darüber der klare Himmel, manchmal gab es Dunst und Dunststreifen. Dunst und Nebel – das wurde ihr Thema.

Wie gesagt, Yvonne Huggenberger malt oft mit Oel. Sie hatte auch Oelfarben mit sich genommen. Aber die Oelfarben-Technik gefiel ihr jetzt nicht, sie passte nicht zu ihrem Thema. Die Künstlerin hat ein Material gesucht, das zum Thema Dunst und Nebel passt. Sie hatte schon mit Spiegeln experimentiert. Sie brauchte sie als Untergrund für ihre Bilder.

Für die Dunst-Bilder hier klebte sie ein transparentes Papier, eine Pergament-Folie auf die Spiegelfläche. Auf diesem Papier zeichnet sie mit Tusche-Stiften die Dunst-Schichten. So kann sie etwas von der Durchsichtigkeit, Flüchtigkeit, Zartheit des Dunstes oder des Nebels wiedergeben.

Nebel-Schichten, Dunst-Streifen … die Horizontale ist immer wieder vorgekommen in der Natur.

Die einzelnen Bilder stellen Tagessituationen dar. Yvonne Huggenberger hat sie hier aber nicht chronologisch, von Tag zu Tag geordnet, sondern so, dass ihr die Zusammenstellung ästhetisch gefällt. Sie hat sich überlegt, wie sie die 64 Bilder heute zeigen kann: auf schwarzem Papier, auf weissem Papier? Jürg Berchtold, Schreiner aus Curio, hat für sie diesen Sockel hergestellt.

Die horizontale Linie kam immer wieder vor in der Natur. Yvonne Huggenberger hat schon vor Bedigliora gerne mit Linien gearbeitet.  Sie hat Bütten-Papier mit gefalteten Linien versehen. Sie hat auch auf feinem  Japan- Papier mit Tusche Linien gezogen.

Als Yvonne Huggenberger hierher kam, lag Schnee. Auf ihren Spaziergängen am und um den Bedeia-Hügel hat sie Aeste und Pflanzenteile fotografiert, mit Schatten und im Licht. Diese Fotos hat sie in der selben Art wie bei den Dunst-Bildern auf Spiegel appliziert. Manchmal meint man, man könne das Eis, auf dem die Schatten spielen,  greifen.

In allen Arbeiten, die Yvonne Huggenberger hier gemacht hat, gibt es Ruhe, eine Zurückhaltung, ein Reduzieren. Die Arbeiten haben aber trotzdem und wegen dem eine Präsenz, eine Ausstrahlung, die macht, dass ich gerne hin schaue.

Yvonne Huggenberger hat als Kind oft und gerne gezeichnet. In ihrer Familie – wie in anderen auch – hiess es aber dann, dass man etwas Rechtes lernen solle. So wurde sie Krankenschwester.  Später wurde sie Mutter mit zwei kleinen Kindern und einem Mann, der den Lebensunterhalt für die Familie verdienen konnte.  Ihr Mann Jürg Huggenberger ist heute auch hier.  Die Zeit als Familienfrau  benützte Y. H. dazu, herauszufinden, was sie wollte, was sie wirklich interessierte.  Es wurde für sie klar, dass sie künstlerisch tätig sein wollte.

Sie begann,  Kurse zu besuchen an der Schule für Gestaltung in Zürich. Während sechs Jahren beschäftigte sie sich mit Farbenlehre, Aktzeichnen, Portraitzeichnen und anderen Kursen  und stellte sich so ihre Ausbildung zusammen. Yvonne Huggenberger sagt, sie sei eine Autodidaktin.

Yvonne Huggenberger hat den Aufenthalt in der CAB geschätzt. Es hat ihr gefallen, alle Verpflichtungen für eine Weile los zu sein. Sie sagt, ihr  Kopf  habe sich geleert. Es gab keine Forderungen von aussen und sie versuchte, auch selber keine Forderungen an sich zu stellen. Es war für sie  manchmal nicht einfach, auszuhalten, dass Neues nicht von einem Tag auf den Anderen kommt.


Anna Barbara Züst, 26. März 2011