Soledad Tafolla

Die mexikanische Künstlerin Soledad Tafolla wurde in Apatzingán geboren, im Staat Michoagan. Sie besuchte die Kunstschule, wurde Malerin und unterrichtete Kinder und Jugendliche in bildender Kunst. Nun hat sie drei erwachsene Kinder und lebt mit ihrem Mann in Comala, Colima. Ihre lange künstlerische Tätigkeit bescherte ihr schon über sechzig Einzelaussstellungen, in Mexiko, aber auch in Amerika, Cuba, Italien und Frankreich. Ihr Werk findet auch bei Kunstsammlern Anklang findet. Eine Sammlerin besitzt 600 Bilder der Künstlerin. 

Fotos der Ausstellung (© Bruno & Eric Bührer)

Aufenthalt

01.04. - 30.06.2014

Soledad Tafolla, Bedigliora, 2014

Einführung zur Ausstellung

Von Anfang an widmete sich Soledad Tafolla den Stillleben mit Früchten und Blumen und den Naturdarstellungen. Gleich nach ihrer Ankunft in Bedigliora fuhr sie mit ihrer Tochter Sara nach Lugano, um Farben und Leinwand zu kaufen. Das Bild mit den beiden Gläsern auf der Tisch des Cafés vor der Kirche erinnert an diesen Ausflug. Die Künstlerin malt, was sie sieht, aber sie malt auch, wie sie sieht und sehen will. Auf den ersten beiden Bildern, die im Atelier entstanden, ist die neue Umgebung deutlich wiederzuerkennen: einerseits die Aussicht vom Balkon, andrerseits der Blumenstrauss mit dem gelben Krug der Casa Atelier. Eines der beiden Bücher auf dem Tisch ist wohl ein Reiseführer, er trägt den Titel «Svizzera». Die Kaffeetasse mit dem Löffel weisen auf eine gemütliche Pause hin. Die Tapete mit den farbenfrohen Blumen hat Soledad dazu erfunden – wie sie bemerkt, sind in der Schweiz die Wände meistens weiss, und sie hat das Bedürfnis nach einem bewegten Hintergrund. Dekorative, verspielte und farbenfrohe Elemente sind ihr wichtig; Vasen und Krüge stehen häufig auf einer spitzen- oder blumenbesetzten Decke. In den dargestellten Wohnzimmern hängen Bilder und Spiegel, stehen kleine Statuen, Glaskugeln und natürlich immer Blumen oder Fruchtschalen.

Farbenfroh sind alle ihre Bilder, doch die Leuchtkraft der Farben richtet sich auch nach dem Licht, in dem ihre Umgebung erscheint. So sind die Bilder, die Mexiko evozieren, noch farbintensiver als die Schweizer Impressionen. Der Unterschied fällt gleich ins Auge beim Bild mit den blauen Blumen und der tiefblauen Glaskugel, das ein mexikanisches Interieur darstellt. Auch das Bildnis der Madonna, das auf manchen Werken erscheint, erinnert an Mexiko: Es ist die berühmte Virgen de Guadalupe. Auf manchen Bildern kombiniert Soledad Tafolla Heimaterinnerungen und Eindrücke ihres Aufenthalts. So stellt sie in der Schweiz gekaufte Früchte vor den Hintergrund einer mexikanischen Landschaft mit Meer und Insel, oder malt umgekehrt mexikanische Früchte vor einem Fenster, das den Blick auf den Comersee samt einem Schwan freigibt. Die Künstlerin liess sich auch von den Schweizer Wohnzimmern inspirieren, die sie hier zu Gesicht bekam. Sie lernte einen Herrn namens Giorgo aus Novaggio kennen und malte sein Holzbuffet. Oder sie erhaschte einen Blick auf den Innenhof der beiden Zwillinge von Bedigliora und stellte diesen verwunschenen Garten dar.

Neugierig erkundete sie die nahe Umgebung, wobei sie sich immer wieder wunderte, welch grosse Ruhe überall herrschte. Auch im Mexiko wohnt sie in einem kleinen Ort, nicht in einer Stadt, dennoch ist sie ständige Bewegung, lautes Schwatzen und Lachen gewohnt. Auf ihre Ausflüge nahm sie immer den Skizzenblock mit und hob auch auf, was sie unterwegs fand, so die Steine, die sie zu ihrem Schweizer Dorf zusammensetzte.

Die Abgeschiedenheit in Bedigliora erlebte sie wie einen spirituellen Rückzug, neben der Malerei las sie viel. Besonders empfiehlt sie den mexikanischen Autor Juan Rulfo, der das Leben in ihrer Heimat in magischem Realismus beschreibt. Magischer Realismus scheint mir auch ein gutes Stichwort für Soledad Tafollas Bilder: Da ist alles klar dargestellt und erkennbar, und doch tauchen die Formen und Farben das Gesehene in eine spezielle, traumhafte Atmosphäre. Warum eigentlich heisst die Darstellungen von Früchten und Blumen «Stilleben», «Natura morta»? Ja, das habe schon Frida Kahlo empört, entgegnet die Malerin, und Frida Kahlo habe deshalb den Namen des Genres geändert in «Natura viva» – belebte, lebendige Natur, das passt auch zu Soledad Tafollas Bildern.

Ruth Gantert